Geboren 1936 in Wien. Als Werkstudent an
der Universität Wien. 1956 - 2001 Bediensteter des Landes
Niederösterreich. 1959 Promotion. 1972 Leiter der Abteilung Raumordnung
und Regionalpolitik, 1987 Leiter der Gruppe Raumordnung und Umwelt.
Langjährige nebenberufliche Tätigkeit in Unternehmungen, an denen das
Land NÖ beteiligt war: Prokurist beim Verkehrs-Verbund Ostregion (VOR),
Geschäftsführer bei der AVN. In leitender Funktion in zahlreichen
Fachgremien tätig, jahrelange Leitung eines Institut für
Regionalforschung und Regionalplanung. Planung der NAFES (ARGE von Land
NÖ und Wirtschaftskammer NÖ), 3 Jahre Vorsitzender des Fachbeirates
ebendort.. 2001 "EU-Erweiterungsbeauftragter des Landes NÖ".
Auszug aus:
Probleme der regionalen Segregation von Senioren und einige Vorschläge, was man tun könnte:
Am Beispiel Niederösterreichs soll zunächst
auf Probleme hingewiesen werden, die sich durch eine zum Teil sehr hohe
regionale Segregation von Senioren und Seniorinnen ergeben. Aus Groß-
und Mittelstädten kennt man seit langem das Erscheinungsbild
abgewohnter, oft gründerzeitlicher Wohnviertel, das durch einen hohen
Ausländeranteil mit einem ebenso hohen Anteil älterer Menschen geprägt
wird. Eines der wichtigsten Ziele vieler Stadtentwicklungskonzepte ist
eine möglichst gute soziale und altersmäßige Durchmischung der
Stadtbevölkerung. Das Konzept der sozial-räumlichen Segregation
(Entmischung) wurde bereits im Europa des 19. Jahrhunderts (Emile
Durkheim und andere) entwickelt, in den Zwanzigerjahren vor allem von
der berühmten Chicagoer Schule (Robert E. Park, Ernest W. Burgess) für
"stadtökologische Forschungen" genutzt und fand über diesen Umweg auch
in Europa Eingang in stadtsoziologische und stadtplanerische Prozesse.
Über die Konfliktträchtigkeit des
Nebeneinanders von älteren und zugewanderten Menschen in Großstädten
wurde und wird viel diskutiert.
Weniger im Vordergrund der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit stand
bisher die regionale Segregation älterer Menschen in peripheren
ländlichen Gebieten wie anhand des nördlichen niederösterreichischen
Grenzlands exemplarisch gezeigt werden soll. Hier weisen die
Über-Sechzigjährigen in vielen Gemeinden vergleichsweise extrem hohe
Anteile an der Bevölkerung insgesamt auf.
Ursachen: Jahrzehntelange
Abwanderung der jüngeren Bevölkerung, hauptsächlich aufgrund des in
quantitativer und qualitativer Hinsicht unzureichenden
Arbeitsplätzeangebotes und des Fehlens zumutbarer Möglichkeiten des
Tagespendelns vor allem im Waldviertel. Es handelt sich hier um eine
Langzeitwirkung der fast ein halbes Jahrhundert lang undurchlässigen
Staatsgrenze.
Folgen: Bevölkerungsverluste
mit einer erheblichen Ausdünnung der gesamten
Dienstleistungsinfrastruktur in den kleineren Orten und damit auch der
Möglichkeiten für soziale Kontakte vor allem für ältere Menschen, die
zurückblieben.
Fährt man durch die meist kleinen Ortschaften dieser Grenzlandregionen,
bekommt man oft kaum eine Menschenseele zu Gesicht. In manchen Pfarren
gibt es nur mehr ganz wenige Erstkommunionkinder. Nach meiner
persönlichen Erfahrung ist die Vereinsamung der dort lebenden älteren
Menschen kaum irgendwo anders größer. Von den 50 Orten bzw.
Zählsprengeln mit den höchsten Niederösterreichischen Anteilen an
Über-Sechzigjährigen, die sich zwischen 40 und 60 Prozent bewegen,
liegen 33 im nördlichen Niederösterreichischen Grenzgebiet.
Erfahrungsgemäß ist diese regionale Segregation von Senioren und
Seniorinnen auch mit erheblichen regionalen Disparitäten in der
Lebenserwartung älterer Menschen verbunden. Alleingelassene sterben
früher!


Hofrat Dr. Gerhard Silberbauer